Nicht nur privat, sondern auch in der Stiftung spielt Jessica Kroos eine bedeutende Rolle für Ehemann Toni Kroos. Aus dem operativen Tagesgeschäft der gemeinsamen Toni Kroos Stiftung ist sie nicht wegzudenken und führt diese von Madrid aus mit ganz viel Liebe, Leidenschaft und Herzblut. Ob Familienhilfe, Spenderbetreuung, Projektmanagement, Marketing oder Eventplanung – Jessica ist in alle Arbeitsbereiche involviert und engagiert sich aus tiefster Überzeugung.
Die große Bühne überlässt Jessica lieber ihrem Mann und hält sich selbst gern im Hintergrund. Für dieses Interview hat sie aber eine Ausnahme gemacht und spricht über ihre Arbeit für die Stiftung sowie mit ihrem Team in Deutschland, ihren Umgang mit bewegenden Familienschicksalen und ihr eigenes Leben als Mama von drei Kindern.
Die Toni Kroos Stiftung trägt den Namen deines Mannes, aber du bist von Anfang an mit dabei. Inwiefern warst du an der Gründung und bei der Auswahl des Stiftungszwecks beteiligt?
Jessica: Wir waren uns vor acht Jahren sehr schnell einig, dass wir eine Stiftung gründen möchten. Zuerst ging es inhaltlich in Richtung Sport – etwas mit Kindern und Fußball, was durch Tonis Beruf einfach nahelag. Aber als Toni 2014 mit Real Madrid das erste Mal die Onkologie eines Kinderkrankenhauses in Madrid besuchte, war ihm schnell klar, dass er sich für erkrankte Kinder einsetzen möchte. Natürlich hätte ich ihn genauso unterstützt, wenn es etwas mit Fußball geworden wäre. Ich bin jedoch sehr glücklich, dass wir uns dafür entschieden haben, etwas für kranke Kids und ihre Familien zu tun. Und für den sportlichen Aspekt gibt es mittlerweile ja nun auch die Toni Kroos Academy.
Wie ist es heute? Haben sich dein Engagement oder dein Arbeitsanteil in der Stiftung im Laufe der Jahre verändert?
Jessica: Den Anfang hat unsere liebe Freundin Mariko Nakanishi allein gestemmt. Zwar waren wir im Hintergrund tätig und haben die Projekte ausgewählt, aber das Tagesgeschäft hat sie übernommen, da wir zu der Zeit unseren ältesten Sohn Leon zu Hause hatten. 2016 kam dann unsere liebe Claudia Bartz in die Stiftung und hat die Geschäftsführung von Mariko übernommen. Ich selbst habe Jahr für Jahr immer etwas mehr gemacht, doch als Corona kam, musste ich in der Stiftung komplett pausieren. Mit geschlossenen Kindergärten und Homeschooling mussten wir uns um unsere drei Kinder kümmern, und Claudia hat den Laden allein geschmissen. Doch seit Fin, unser Kleinster, im Kindergarten ist, gleicht meine Arbeit in der Stiftung eigentlich schon einer Vollzeitstelle. Ich mache diese Arbeit aber wirklich von Herzen gern und mit sehr viel Freude!
Wenn du für dich selbst eine Stellenanzeige formulieren müsstest, wie würdest du deinen Aufgabenbereich beschreiben?
Jessica: Das ist gar nicht so einfach. Im Endeffekt bin ich in jeden Aufgabenbereich involviert. Der Großteil meiner Zeit geht aber in die Spenderbetreuung, ins Marketing, Projektmanagement und in die Eventplanung. Selbstverständlich mache ich das aber nicht allein, da wir ein großartiges und besonderes Team haben, das mit absolutem Herzen dabei ist.
Ihr lebt und arbeitet in Madrid, aber mit eurer Stiftung wirkt ihr hauptsächlich in Nordrhein-Westfalen, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern. Wie kann man sich deinen klassischen Arbeitstag vorstellen? Wie organisierst du die Stiftungsarbeit auf diese Distanz, und wie funktioniert die Zusammenarbeit mit deinem Team in Deutschland?
Jessica: Mein klassischer Arbeitstag findet am Computer statt – mit sehr vielen Video-Calls und Telefonaten. Durch Corona ist die ganze Kommunikation einfacher geworden. Mittlerweile läuft alles nur noch digital, d.h. wir arbeiten alle im Home-Office, und das funktioniert einwandfrei. Meine Mädels wissen genau, was zu tun ist, und jede arbeitet für sich von zu Hause. Aber natürlich ist es auch schön und für uns als Team wichtig, wenn wir uns ab und zu persönlich sehen.
Was liegt dir bei deinem Engagement für die Stiftung ganz besonders am Herzen?
Jessica: Eigentlich alles. Mir geht einfach das Herz auf, wenn wir kranke Kinder und ihre Familien unterstützen können, indem wir ihren Alltag etwas erleichtern. Sei es mit der Finanzierung von Hilfsmitteln, der Übernahme privater Therapiekosten oder auch der Erfüllung eines sehnlichen Wunsches. Familien mit kranken Kindern werden so viele Steine in den Weg gelegt. Unterstützungsanträge bei Krankenkassen und anderen Anlaufstellen werden so häufig abgelehnt. Und das, während sie einen Alltag meistern, den wir uns kaum ausmalen können. Ich finde es einfach wichtig, dass sie schnelle und unkomplizierte Unterstützung erhalten, ohne dass sie den dritten Widerspruch einlegen und um jeden Euro kämpfen müssen. Mir liegt es sehr am Herzen, auch wirklich für die Familien da zu sein. Nicht nur während unserer Unterstützung, sondern auch danach. Denn die Lebenssituationen ändern sich stetig, deswegen ist mir der direkte Kontakt zu den Familien sehr wichtig.
„Gemeinsam Lebensfreude schenken“ – das ist der Leitsatz der Toni Kroos Stiftung. Was bedeutet Lebensfreude für dich persönlich?
Jessica: Lebensfreude bedeutet für mich, einfach den Moment genießen und auch mal alle Sorgen kurzzeitig vergessen zu können. Natürlich ist das nicht immer einfach und nicht immer möglich, aber Glücksmomente im Alltag – und wenn es auch nur Kleinigkeiten sind – können so viel Lebensfreude schenken. Ein Kinderlachen ist für mich persönlich zum Beispiel die absolute Lebensfreude.
Dir begegnen im Rahmen der Familienhilfe viele Schicksale. Wie gehst du persönlich damit um?
Jessica: Das ist nicht immer so einfach. Ich beschäftige mich viel mit den Geschichten der Familien und den Krankheiten der Kinder. Das geht mir persönlich schon sehr nah – gerade weil man sich oft fragt, warum und weshalb. Ich kann die Schicksale unserer Familien nicht einfach an mir abprallen lassen. Auch bei meinen eigenen Kindern bin ich durch die vielen schlimmen und ergreifenden Lebensgeschichten, die mir in der Stiftung begegnen, sehr vorsichtig geworden und beobachte immer alles ganz genau.
Gibt es im Kontext der Stiftungsarbeit eine konkrete Geschichte, Familie oder Situation, die dir bis heute besonders in Erinnerung geblieben ist? Und wenn ja, warum?
Jessica: Es gibt sehr viele Geschichten, die mir bis heute in Erinnerung geblieben sind. Was mich immer besonders berührt, sind die strahlenden Kinderaugen, wenn Toni die Kids in den Einrichtungen und Krankenhäusern besucht. Das ist wirklich sehr bewegend. Als wir einmal im Krankenhaus zu Besuch waren, hat Toni einen Jungen kurz vor seiner Operation getroffen. Als er Toni anlachte, war die Mama zu Tränen gerührt und sagte, sie hätte ihren Sohn so lange nicht mehr lachen gesehen. Das berührt mein Mutterherz natürlich sehr.
Ihr habt selbst drei Kinder. Wie gehen sie mit eurer Stiftungsarbeit um? Sind sie involviert oder haben sie Berührungsängste?
Jessica: Leon, unser ältester Sohn, war von Anfang an immer mit dabei. Ob beim ersten Besuch im Krankenhaus oder im Kinderhospiz. Er ist damit aufgewachsen und hat überhaupt keine Berührungsängste. Leon spendet selbst sogar jedes Jahr bei der ‚Ein Herz für Kinder‘-Gala. Er möchte immer die komplette Sendung sehen, weil er die Filme über die einzelnen Projekte so interessant findet. Amelie und Fin konnten durch die Pandemie bisher nicht so nah dabei sein. Im letzten Jahr haben wir sie dann aber zum Sommerfest im Kinder- und Jugendhospiz Regenbogenland mitnehmen können. Ich finde es wichtig, dass Kinder ohne Berührungsängste aufwachsen und anderen helfen möchten, wenn es einem selbst gut geht – egal ob mit Spenden oder selbst mit anpacken. Alle drei freuen sich übrigens immer sehr, wenn wir Geschenke für die Familien oder Kinder packen und sind unsere fleißigsten Helferlein.
Was hast du bzw. was habt ihr auf längere Sicht noch mit der Stiftung vor? Wie sieht deine Wunschvorstellung der Toni Kroos Stiftung aus?
Jessica: Mein absoluter Traum ist es, ein eigenes großes Projekt umzusetzen oder sogar eine eigene Einrichtung der Toni Kroos Stiftung zu eröffnen. Es gibt so viel Unterstützungsbedarf für lebensverkürzend erkrankte oder chronisch kranke Kinder. Ich denke dabei zum Beispiel an eine tägliche Betreuung für schwerkranke Kinder, einen Ort für Kurzzeitaufenthalte für erkrankte junge Erwachsene über 27 – denn diese haben keinen Anspruch mehr auf eine „Auszeit“ im Kinder- und Jugendhospiz – oder eine Wohlfühloase für die gesamte Familie: einfach mal Zeit für sich haben, das Kind wird optimal versorgt, und die Geschwisterkinder haben Spaß und stehen auch mal im Mittelpunkt. Das wäre mein Traum für unsere Stiftung. Und für die Familien wünsche ich mir von Herzen, dass sich die Pflegesituation in Deutschland endlich verbessert. Denn das ist es, was die Familien aktuell am meisten belastet. Ob im Krankenhaus, in der häuslichen Pflege oder in den Kinder- und Jugendhospizen, wir alle müssen unbedingt eine Lösung für diese angespannte Situation finden.